„Da lachen ja die Hühner und noch nicht einmal die!“ – Solche und ähnliche Sätze sind typisch für Jürgen. Jürgen ist ein Phrasendrescher, dem niemand Aufmerksamkeit schenkt, ein ganz armer Willi. Aber von vorne:
Jürgen Dose ist ein in die Jahre gekommener Parkhauswächter, der mit seiner pflegbedürftigen Mutter zusammenlebt und in der Theorie viel darüber weiß, wie man es anstellt, eine Frau anzusprechen. Leider scheitert er immer wieder an der praktischen Umsetzung. Zusammen mit seinem Leidenskumpanen Bernd Würmer (also ehrlich, hat sich die Namen Hera Lind ausgedacht?!) setzt er alles daran, den Deckel zu seinem Topf zu finden. Doch hier passt nichts und niemand wie Arsch auf Eimer… Flirtportale, Speeddating oder auch eine verzweifelte Reise nach Polen (Vorsicht Klischee: statt Traumfrauen gibt’s Prostituierte…) können die Beziehungslegastheniker ihrem Glück kein Stück näherbringen.
Das mag daran liegen, dass Jürgen beispielsweise Sätze sagt wie: „Ein fröhlicher Handschlag ist mehr wert als ein trauriges Küsschen!“ oder „Wenn ich auf dem Wasser laufen könnte, würden meine Kritiker sagen, der kann ja noch nicht einmal schwimmen.“
Ich gebe zu, „Jürgen“ kommt an Fritz Honka nicht einmal ansatzweise heran – aber zum Glück, oder? Was kann nach „Der goldene Handschuh“ schon kommen? Nur etwas ganz anderes. Heinz Strunk hat viele literarische Gesichter, eins davon ist „Jürgen“. Der Plott mag manchem Kritiker zu platt sein, seine Sprache ist es nicht. Er bietet keine aneinandergereihten Zoten, sondern eine gut „dosierte“ Komik über 256 Seiten. Ohne dass seine Protagonisten davon Wind bekommen, deckt Strunk die Leere in ihrem Leben auf. Für Jürgen Dose hätte ich vermutlich keinen zweiten Blick übrig, wenn ich ihm auf der Straße begegnen würde, aber Heinz Strunk macht ihn für mich sichtbar. Seitdem habe ich mich leider auch schon beim Phrasendreschen ertappt…
Mein Fazit: Erwartungen auf Normalmaß herunterschrauben und Jürgen eine Chance geben.
Heinz Strunk: Jürgen. Rowohlt Verlag, 256 Seiten.