Unerforschtes Terrain

Wo und wie auch immer man sich diese Insel der Antarktis vorzustellen hat: Auf Everland herrschen unwirtliche Bedingungen, die den Menschen vor große Herausforderungen stellen. Rebecca Hunt, die Schöpferin von Everland, erzählt von zwei Expeditionen zu unterschiedlichen Zeiten, die kunstvoll miteinander verwoben sind:

Das britische Forschungsschiff Kismet entdeckt die Insel 1913 und lässt drei Seeleute zu Wasser, um sie zu erkunden. Hundert Jahre später bricht ein dreiköpfiges Team nach Everland auf, um dort mehrere Monate wissenschaftliche Studien zu betreiben. Die Seeleute im März 1913 geraten bereits im Beiboot, der Joseph Evelyn, in einen Sturm und erleiden Schiffbruch. Ohne Kontakt zur Kismet müssen sie um ihr Überleben kämpfen. Auf Everland sind sie ihrem Schicksal – ihrem Kismet – ausgeliefert. Bereits auf den ersten Seiten ist klar, dass die Mission gescheitert ist. Aber lassen sich die Ereignisse auch rekonstruieren? Während die Geschichte 1913 zwischen März, der Entsendung der Seeleute, und April, der Rettung eines Mannes von der Insel, hin und her springt, wird klar, dass ihr Scheitern nicht allein den Bedingungen auf Everland, sondern auch der menschlichen Natur geschuldet ist.

Das Forschungsteam der Zukunft kennt die Berichte und Legenden, die sich um die Everland-Expedition der Kismet ranken. Immer wieder gibt es Anspielungen auf damals oder Hinweise, auf die sie auf der Insel stoßen. Sogar die Joseph Evelyn befindet sich noch an Ort und Stelle – wie vor hundert Jahren. Obwohl die drei Wissenschaftler gut vorbereitet und bestens ausgestattet sind, gelangen auch sie im Lauf der Zeit an ihre physischen und psychischen Grenzen der Belastbarkeit. Ein Fehler könnte verheerende Folgen haben. Wie bereits 1913 sind Loyalität, Vertrauen und Zusammenhalt im Team wichtig, um die Zeit auf Everland zu überstehen. Ein Schneesturm stellt diesen Zusammenhalt auf die Probe. Eine Entscheidung wird getroffen…

Heute wie damals sind es die Entscheidungen, an denen sich die Menschen messen lassen. Und so fragt Millet-Bass im März 2013, ob es sich lohne sein eigenes Leben auf Spiel zu setzen, um das eines anderen zu retten. Der Expeditionsleiter Napps hält dagegen, dass man einen Menschen nicht mögen müsse, um eine Verpflichtung ihm gegenüber einzuhalten.

„Sehr nobel“, entgegnete Millet-Bass mit einem Hauch von Spott. Und Napps antwortet: „Da bin ich mir nicht so sicher. Ich weiß nur, dass es unsere Entscheidungen sind, die uns am Ende definieren.“

Aber wie entscheidet der Mensch unter extremen Bedingungen? Versucht er die eigene Haut oder die des anderen zu retten? Zieht das schwächste Glied der Gruppe die anderen mit ins Verderben – oder ist es genau andersherum? Um diesen Fragen nachzugehen, bietet Everland die perfekte Kulisse einer Versuchsanordnung – das eigentliche Forschungsgebiet aber ist die menschliche Natur. Rebecca Hunt macht es sich damit gewiss nicht leicht, aber uns sehr spannend. Eine interessante Lektüre bis zum Schluss.

Rebecca Hunt: Everland

 

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