Strunk kann alles, sogar Teemännchen

Ich lasse keinen Heinz Strunk aus. Das ist jetzt – glaube ich – immerhin das dritte Buch, das ich in relativ kurzer Zeit von ihm auf dieser Plattform erwähne. Jedes seiner Bücher ist komplett anders. Fleisch ist sein Gemüse war lange vor der Blog-Ära und ist längst Kult. Sehr gelacht habe ich über Heinz Strunk in Afrika. Seine letzten Veröffentlichungen spielen allerdings – wie ich finde – in einer anderen Liga: Vom Serienmörder Fritz Honka (unerreicht gut!), über die tragisch-komische Figur Jürgen hin zum Teemännchen.

Was er aber in den Teemännchen-Geschichten wieder einmal unter Beweis stellt – und was sich für mich wie ein roter Faden durch seine Werke zieht – ist, seine genaue Beobachtungsgabe. Er hat einen schonungslosen Blick auf Menschen, die sonst nicht gesehen werden. Die Abgehänkten, die Loser, die Verfetteten, die Versifften, die, deren Zenit längst überschritten ist, werden von Strunk messerscharf beschrieben. Das ist komisch, tragisch, ehrlich, eklig, mitleiderregend – manchmal alles zusammen. Und ich nehme ihm jedes Wort ab. Ich sehe und kenne sie alle: Anja, wie sie im Mief der Wurstbude steht; Lothar auf dem Sofa vor dem Fernseher, der stumm geschaltet ist, aber jede Sendung wird auf VHS Kassette aufgezeichnet; Michael, der Studienabbrecher, der sich im Teeladen die Beine in den Bauch steht; Sven, der von Schuppenflechte Entstellte, wie er in einem Hamburger Club unerwartet auf (den völlig fertigen) Axl Rose trifft und seine Freude darüber, das Idol zu treffen, später in Aggression abdriftet. Gerade bei dieser Erzählung stelle ich mir vor, wie Heinz Strunk die Szene selbst miterlebt hat, sie genaustens beobachtet, die Protagonisten studiert und das Ganze dann später niederschreibt. Oder hat er für solche Fälle immer ein kleines Schulheftchen zur Hand? (Dass er Stichworte unter Notizen in seinem Smartphone festhält, kann und mag ich mir nicht vorstellen…)

Heinz Strunk zeigt mit dem Teemännchen wieder einmal, dass er sich nicht in eine Genre-Schublade schieben lässt – und das ist gut so: Er kann alles. (Krass, oder? Einmal einen Sockel zum Anbeten!!!) Manche seiner Geschichten lesen sich wie die Fingerübungen zu einem neuen Roman – und über einen solchen würde ich mich auf jeden Fall sehr freuen!

Übrigens: Das Teemännchen sollte man sich von Strunk selbst vorlesen lassen!

Als Hörbuch super!

Mehr Lobeshymnen gibt es hier:

Oliver Jungen über den Erzählband „Das Teemännchen“ in der ZEIT

Björn Hayer über Das Teemännchen auf spiegel-online

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