Da ist es wieder: Das Instagram Phänomen. Ich habe dieses Cover sooft in den sozialen Medien gesehen, bis ich irgendwann dachte, das musst du auch lesen. Ich bin also wieder einmal ziemlich unbedarft zu einem neuen Buch gekommen. Ist der Hype um die Stories von Kristen Roupenian gerechtfertigt? (Ich vermeide das Wort short stories – denn manche der Geschichten plätschern ziemlich ausufernd dahin, die Länge variiert zwischen 50 und 15 Seiten …)
Cat Person ist der Name der Kurzgeschichte, die während der #metoo Debatte in Amerika viral durch die Decke ging. Margot und Robert begegnen sich zufällig, sie flirtet mit ihm, er geht darauf ein, über ihre Smartphones halten sie Kontakt, schließlich verabreden sie sich und landen in Roberts Bett. Dort stellt Margot fest, dass sie sich ein falsches Bild von Robert gemacht hat – und nun muss das mit dem Sex eigentlich nicht mehr sein. Weil sie genau das vorangetrieben hatte, schläft sie mit Robert, lässt aber die Beziehung danach auslaufen. Robert akzeptiert das nicht und bedrängt Margot via Textnachrichten, die einen immer schärferen Ton annehmen.
Ich kann nicht wirklich nachvollziehen, was die Figuren antreibt. Sie sind mir unsympathisch und fremd. Margot ist auf Sex mit Robert aus, der zunächst schüchtern und nett wirkt, nach dem Beziehungsaus aber übergriffig wird und Margot bedrängt. Als Leserin war mir Robert von Anfang unheimlich. Als die beiden auf dem Weg in sein Haus sind, musste ich an Norman Bates und Psycho denken. Ich hatte eigentlich damit gerechnet, dass Robert Margot fachgerecht zerstückelt und dann zu Hause in kleinen Einmachgläsern aufbewahrt (okay, meine Fantasie ist morbide…). Dass Robert nicht alle Tassen im Schrank hat, beweist er dann, indem er Margot nachstellt und unflätige Textnachrichten schreibt.
Ich bin etwas ratlos, was diese Geschichte zur Sexismus-Debatte beiträgt. Was lerne ich daraus? Dass Männer Psychopathen sind? Emotional gestört? Wohl kaum. Die Männer in Kristen Roupenians Stories sind fast alle merkwürdige Sonderlinge. Und Frauen sind doch auch nicht so oberflächlich wie Margot, oder habe ich etwas verpasst?
Es gab für mich aber auch Highlights, z.B. die allererste Geschichte Böser Junge. Ein Pärchen bietet einem Freund, der unter Liebeskummer leidet, Unterschlupf. Das Pärchen, dem der Freund irgendwann lästig wird, beginnt ihn zu quälen und dann als Sexsklave zu erniedrigen. Der Ausgang ist, wie es sich für eine short story gehört – sehr überraschend. Krass böser Stoff!
Kristen Roupenian: Cat Person, 288 Seiten, Blümenbar, 2019.
Auch toll, die letzte Geschichte des Buches: Die Beißerin. Sie ist im SPIEGEL online abgedruckt.