Dieses Cover! Mal wieder sehr gelungen, mal wieder typisch Eisele-Verlag, der mich schon mehrmals in seiner jungen Verlagsgeschichte mit auffallend schönen Covern begeistert hat, z.B. „Sag den Wölfen ich bin zu Hause“ oder auch der neue Band von Nell Leyshon „Wald“. Der Schmuckrand ist üppig und doch in der Farbe schlicht – er wirkt geheimnisvoll und macht mich neugierig auf den Inhalt. Die Zeichnungen erinnern mich an die von Maria Sibylla Merian. Sie scheinen einer Zeit entlehnt, in der es noch nicht die tägliche Bilderflut auf den sozialen Netzwerken gab… Darum gibt es heute einen kleinen:
Coverexkurs
Da ich mich gerade sehr intensiv mit Buchcovern beschäftigt habe und feststellen muss, wie schwer es ist, ein ansprechendes Cover zu kreieren, war ich neugierig, wer hinter dem Cover dieses Buches steckt: Es ist das „Favoritbuero München – Buero für Gestaltung“. Und ich kann nur sagen: Ich habe auf deren Website eine Menge bekannter Cover wiederentdeckt – und nun wundert mich nichts mehr. Ich frage mich: Wer war zuerst da? Der Bestsellerinhalt oder das Bestsellercover? Ziehen sich beide magisch an? Muss Verpackung und Inhalt auf den Punkt genau zueinander finden, um dann zum Publikumsliebling zu werden? Keine Ahnung. Manchmal stimmt eben beides: Inhalt und Verpackung. Kauft Ihr auch oft nach dem ersten – äußeren – Eindruck? Wie wichtig findet Ihr ein Cover? Schreibt mir doch dazu etwas in den Kommentaren… ich freu mich, denn ich sitze gerade an meinem ersten Selfpublisherprojekt. Plötzlich bin ich für das Cover verantwortlich – sonst hat der Verlag mir einfach die fertige Coverversion vorgelegt und ich habe genickt… obwohl es mir manchmal gar nicht gefallen hat!!!
Übrigens: Im Favoritbuero sorgen zwei Frauen – Lena Kleiner und Bettina Arlt – dafür, dass das Cover nicht übersehen wird. Auf ihrer Website findet sich übrigens auch das Cover der FLOW… Also: Sollte ich endlich mal einen Bestseller schreiben, dann möchte ich ein Cover aus dem Favoritbuero, bitte, bitte! (Muss ich dazu auch noch im Lotto gewinne, um es zu bezahlen? – – Ich habe keine Ahnung!)
Nur mal so, damit Ihr seht, dass ich nicht übertrieben habe… das Favoritbuero
Zurück zum Buch, über das vermutlich schon alles gesagt wurde, was zu sagen ist:
„Die Farbe von Milch“ spielt 1830 in England. Und ich hatte eigentlich gar keine Lust, einen „Historienschinken“ zu lesen. Ich freue mich jetzt, dass ich mich davon nicht abhalten ließ. Denn die Kategorie „Historienroman“ trifft es nicht. Es ist ein relativ schmales Buch mit 208 Seiten, die man an einem Stück runterlesen kann, denn die Sprache entwickelt einen Sog, dem ich mich nicht entziehen konnte:
Mein Name ist Mary. Mein Haar hat die Farbe von Milch. Und dies ist meine Geschichte.
Drei Sätze. Kurz. Einfach. Sie stehen für den gesamten Stil des Buches. Ohne Ausschweifungen, Umschreibungen, Metaphern und Bilder: Hier wird konsequent aus der Sicht der 14jährigen Mary erzählt, die keine Schulbildung genossen hat, sondern mit ihren drei Schwestern auf dem elterlichen Hof lebt und von früh bis spät alle Arbeiten verrichtet, die anfallen: vom Melken der Kuh übers Steineauflesen auf dem Feld und natürlich Einholen der Ernte. Und wenn man wie Mary eine ebenso scharfe Zunge wie einen scharfsinnigen Verstand hat, gibt es zwischendurch Prügel von einem aufbrausenden, verhärmten Vater. Nur der Großvater, der abgeschoben im „Apfelzimmer“ sein Dasein fristet, weil er für die Arbeit zu alt und gebrechlich ist, scheint etwas an Mary zu liegen – und umgekehrt. Mary ist die einzige, die sich um ihn kümmert. Der Wert eines Menschen scheint sich in der Bauernfamilie nach Arbeitskraft zu bemessen… Trotz der armen Verhältnisse und dem schwierigen Vater will Mary den Hof nicht verlassen, als ihr Vater sie als Magd an den Pfarrer „vekauft“/vermittelt. Dort wird sie für die schwerkranke Pfarrfrau bald unersetzlich…
Die Pflanzen auf dem Cover stehen übrigens für die Jahrezeiten: vier Kapitel – vier Jahrezeiten, die Mary durchlebt und in ihrer ganz eigenen Sprache festhält. Diese Sprache kommt übrigens ohne die meisten der üblichen Satzzeichen aus. Das hat mir anfangs einiges abverlangt, denn in Gedanken bin ich immer über die fehlenden Kommas gestolpert – aber man gewöhnt sich daran. Und zu Mary passt es. Aus ihrem Munde wäre ihre Geschichte ein einziger, fast atemloser Fließtext…
…der mich berührt hat.
Un mich übrigens an Hannah Kents Das Seelenhaus erinnert hat. Mehr zum Seelenhaus in meiner Rezi:
Ich habe mich auf die Taschenbuchausgabe bezogen, die im Heyne Verlag erschienen ist.