Blackbird

Blackbird singing in the dead of night, take these broken wings and learn to fly
All your life, you were only waiting for this moment to arise. Paul McCartney

Fliegen zu lernen oder „flügge zu werden“ – auch mit gebrochenem Flügel – darum geht es in Blackbird von Matthias Brandt. Es ist die Geschichte eines 16-Jährigen, dessen bester Freund Bogi an Krebs stirbt. Es ist die Geschichte vom Erwachsenwerden: Schmerz, Abschied, aber auch erste Liebe, Freude, Freundschaft, Krise, Ablösung von den Eltern – alles Stichworte, die mir zu diesem Coming-of-Age-Roman von Matthias Brandt einfallen. Sie sind nicht einfach nur so dahingesagt. All das steckt in dieser Geschichte, die aus der Sicht von Morten – Motte – entwickelt wird und sich um seine Gefühlswelt dreht. Das ist sehr komplex und von Matthias Brandt mit – wie ich finde – großem Einfühlungsvermögen erzählt.

Warum gefällt mir Blackbird  so so so gut? Darauf gibt es mehr als eine Antwort:

Blackbird spielt 1977. Und plötzlich atme auch ich wieder die Luft dieser Jahre (für mich waren es genau genommen die 1980er Jahre…):  Frotteeschlafanzüge, David Bowie, die U-Sitzordnung in der Klasse, peinlicher Sexualkundeunterricht. Die berühmte Raucherecke hinter der Schule, dort, wo die Fahhräder standen, gab es bei uns auch (ist das eigentlich immer so gewesen – überall???). Lehrer, die einen geprägt haben und Lehrer, die man zum Kotzen fand. Mitschüler, die cool waren, und andere, die fies waren. Die Sportskanonen, die einen immer als letzte in die Mannschaft gewählt haben, oder die Geleckten, die im Poloshirt schon zur Schulzeit aussahen wie Banker oder Versicherungsangestellte. Und natürlich die eigene Clique, bei der man sich eine Ewigkeit nicht mehr gemeldet hat. – – Das ist ein bißchen nostalgisch, oder? Gut so.

Blackbird handelt von einem 16-jährigen Jungen, 10. Klasse Gymnasium, der sich zum ersten Mal in ein Mädchen verliebt: Jacqueline. Matthias Brandt hat so ein Gespür für die Situation dieses Jungen, dass ich manchmal gedacht habe, er besäße eine direkte Verbindung zu seinem Jugend-Ich. Vieles, was er beschreibt, erkenne ich heute an meinem Sohn wieder. Mit 16 ruckelt sich die Welt erst zurecht – –

Blackbird hat eine ganz besondere Sprache – nicht gekünstelt, aber auch nicht salopp „hingerotzt“ und sich der „Jugendsprache“ anbiedernd. Peter Körte nennt das in FAZ den „eigenen Sound“ des Romans. Und das trifft es. Ich habe mir Blackbird von Matthias Brandt vorlesen lassen und kann nur allen das Hörbuch ans Herz legen. Es klingt, als lese er nicht vor, sondern erzähle wirklich.

Besonders schön ist Mottes Brief an Jacqueline. Als Leserin/Hörerin bin ich direkt dabei, wie der Brief entsteht – die erste Kontaktaufnahme mit dem Mädchen seiner Träume. Viele Formulierungen werden wieder verworfen, korrigiert, am Ende noch einmal alles ins Reine geschrieben. Morten ist mutig und unsicher zugleich, er ist ein Suchender, nicht nur, was seine Verliebtheit angeht.

Mein Fazit:

Matthias Brandt, dessen autobiographisch gefärbter Erzählband Raumpatrouille mir schon gut gefallen hat und zu meinen ersten Blogbeiträgen (!!!) überhaupt gehörte, ist ein großartiger Erzähler mit Gespür für das Wesentliche und Empathie für seine Figuren. In seinem ganz eigenen Ton (in seinem Sound) erzählt er vom Leben – wie es eben ist. Und dann heißt es: Blackbird … take these broken wings and learn to fly …

Matthias Brandt: Blackbird, Kiwi Verlag, 2019, 288 Seiten.

Hörbuch: Blackbird bei audible.

Peter Körte: So und nicht anders, Rezension in der FAZ.

David Hugendick in DIE ZEIT über Blackbird.

Die Kritik fällt sehr gemischt aus. Einen guten Überblick gibt immer Perlentaucher.

 

 

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