Leben ab 40

Mit runden Geburtstagen habe ich es nicht so. Mit zehn dachte ich: Zehn ist zu jung. Vierzehn ist besser. Mit zwanzig dachte ich, wie langweilig, der 18. Geburtstag war spannender. Als der 30. bevorstand, kam der Ehrgeiz: Das Studium abgeschlossen, im Beruf Fuß gefasst – das erste Kind musste her, aber bitte noch mit dreißig (Häkchen dran)! Den 40. Geburtstag wollte ich aus Protest gegenüber dem Älterwerden ausfallen lassen und habe ihn dann doch noch gefeiert – etwas halbherzig, gebe ich zu. Seitdem wünsche ich mir eins: Der nächste runde Geburtstag möge noch lange auf sich warten lassen (diesen Gefallen tut er mir aber nicht!).

Nun ist mir ein Buch in die Hände gefallen, das zwar nicht alle Bedenken gegenüber den nächsten Dekaden des Älterwerdens ausräumt, mich aber etwas damit versöhnt und mich auf andere Gedanken bringt.

Priska Amstutz und Leoni Hof haben in ihrem Buch „Das neue 40. Alles kann, nichts muss. Der ehrliche Guide für ein spannendes Lebensalter“ Frauenporträts zusammengestellt, die sich nicht nur spannend lesen, sondern sich mit den Fragen des Älterwerdens beschäftigen. Was hat sich im Lauf der Zeit verändert? Was ist Schönheit? Wie verändert sich der eigene Stil? Wie kann sich frau auch noch mit 40+ neu erfinden?

Da ist z. B. die Designerin Leyla Piedayesh, die das Label Lala Berlin aufgebaut hat. Wenn man so wie Leyla Piedayesh mit 50 tickt, mache ich mir vor dem nächsten runden Geburtstag keine Sorgen. In Teheran geboren kommt sie im Alter von neun Jahren nach Deutschland. Ihr Leben verläuft ganz sicher nicht stromlinienförmig, aber sie nutzt ihre Möglichkeiten. Sie studiert BWL, arbeitet bei MTV als Redakteurin, bringt 2004 eine eigene Strickkollektion heraus. Ich finde ihre Kollektionen sprühen vor Lebensfreude – viel Muster, viel Farbe, keine Langeweile. Um zu erklären, was sich in ihrem Leben mit zunehmendem Alter verändert hat, wird sie sehr persönlich. Sie berichtet vom schwierigen Verhältnis zu ihrer Mutter, vom eigenen Ehrgeiz und Perfektionssinn und „dem Gift“, das sie manchmal versprühte, wenn Dinge anders liefen, als sie es geplant hatte. Davon hat sie sich im Lauf der Jahre (und durch harte Arbeit, auch mit Hilfe von Therapeuten) verabschiedet. Sie lebt nun entspannter, kann die Dinge laufen lassen, schätzt die Freiheit. Für mich ist sie ein gutes Beispiel dafür, dass es sich lohnt, an sich zu arbeiten, um alte Gewohnheiten und Muster aufzubrechen und neue zu kultivieren, die einem besser tun. Davon handeln im Grunde viele der Texte in „Das neue 40“, denn auch die anderen Frauen berichten davon, dass sie eine Wandlung durchgemacht haben, dass sie weniger streng mit sich und anderen ins Gericht gehen, sich Werte und Einsichten im Alter verschieben und es möglich ist, neue Wege einzuschlagen.

Nicht alles in diesem Buch ist „neu“, natürlich nicht, der Schlüssel liegt in der Selbstliebe und Selbstannahme. Forever young gibt es nicht – zumindest physisch nicht, auch wenn manche Frauen sich wünschen 150 zu werden. Der Kopf altert anders. Und darauf kommt es doch an, oder? Und für den Kopf hält die bunte Zusammenstellung an Interviews, Porträts, Tipps rund um Gesundheit und Finanzen einiges an Futter bereit. Für mich ein Buch zum Schmökern, das ich auf jeden Fall vor dem nächsten runden Geburtstag wieder zur Hand nehme!

Priska Amstutz, Leoni Hof: Das neue 40. Alles kann, nichts muss. Der ehrliche Guide für ein spannendes Lebensalter, Knesebeck Verlag, 2021.

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