Cryptos

Eigentlich sollte ich hier „Shelter“ besprechen. Denn das ist Ursula Poznanskis aktueller Titel. Doch über die Werbung für Shelter habe ich bemerkt, dass mir einige ihrer Vorgängerromane zwischen Erebos 2 und Shelter durch die Lappen gegangen sind. Und darum gibt es nun erst einmal von mir Cryptos.

Vorweg: Ursula Poznanski besitzt ein Faible für Zukunftsromane. Ganz besonders gut fand ich ihre Eleria-Trilogie (Die Verratenen/Die Verschworenen/Die Vernichteten). Auch darin ging es um eine dystopische Zukunft, die in einer Zeit nach einem Meteoreinschlag/Vulkanausbruch (?) spielt, der der Erde eine neue Eiszeit beschert hat. Klimawandel, ein Ökosystem, das aus den Fugen geraten ist, Menschen, die ums Überleben kämpfen…

Nun also Cryptos.

Cryptos spielt in einer fernen Zukunft. Der Klimawandel schreitet unaufhaltsam voran. Große Teile der Erde sind unbewohnbar geworden. Es ist heiß, die Rohstoffe begrenzt, die Menschen bekommen Klimapunkte zugeteilt und müssen damit auskommen. Klimapunkte sind die neue Währung. Fleisch zu essen, kann sich unter diesen Bedingungen übrigens niemand mehr leisten.

Die Menschheit lebt zu einem großen Teil in virtuellen Welten – das ist effizient und spart Ressourcen.

Nur noch die Designer der virtuellen Welten sitzen in der realen Welt an ihren Computern und erschaffen neue Welten wie einst Softwarentwickler ihre Computerspiele. Die meisten anderen Menschen hingegen liegen in Kapseln, tragen einen speziellen Overall, über den sie durch Schläuche mit allem Lebensnotwendigen versorgt werden. Hin und wieder müssen sie in der realen Welt aufwachen, duschen und legen sich wieder in ihre Kapsel. So entkommen sie der trostlosen Realität.

Je nach Vermögen stehen ihnen unzählig verschiedene Welten und Charaktere zur Verfügung. Sie können sich aussuchen, ob sie das Abenteuer und Spannung suchen oder doch lieber Sicherheit und Urlaubsfeeling vorziehen. Die Gesellschaft funktioniert in etwa nach dem Prinzip von „Brot und Spiele“: Erhalte die Lebensfunktionen der Menschen und lenke sie durch etwas Kurzweil und Abenteuer ab, damit sie nicht weiter aufmucken.

Jana ist Weltendesignerin. Eine ihrer Lieblingswelten ist Kerrybrook.

„Ein idyllisches Fischerdorf mit viel Grün und geduckten Häuschen. Es gibt Schafe, gemütliche Pubs und vom Meer her weht ein kühler Wind. Manchmal lässt Jana es regnen. Meistens dann, wenn es an ihrem Arbeitsplatz mal wieder so heiß ist, dass man kaum mehr atmen kann.
Jana ist Weltendesignerin. An ihrer Designstation entstehen alternative Realitäten, die sich so echt anfühlen wie das reale Leben: Fantasyländer, Urzeitkontinente, längst zerstörte Städte. Aber dann passiert ausgerechnet in Kerrybrook, der friedlichsten Welt von allen, ein spektakuläres Verbrechen. Und Jana ist gezwungen zu handeln
. (Klappentext)“

Jana entdeckt, dass in den virtuellen Welten Menschen verschwinden. Als die Ausfälle sich häufen und Menschen sogar ganz real in ihren Kapseln sterben, kann Jana nicht anders: Sie geht dieser Anomalie auf den Grund und wird selbst zur Gejagten. Ihre einstigen Auftraggeber scheinen kein Interesse an der Aufklärung zu haben. Ganz im Gegenteil. Vor ihnen muss Jana durch verschiedene Welten fliehen und um ihr Leben fürchten. Sollte sie in einer der Welten getötet werden, wäre das auch ihr reales Ende. In letzter Minute gelingt es ihr, ihren Verfolgern zu entkommen. Sie gelangt nach Cryptos, einer verborgenen Welt. Dort offenbart sich ihr, was eigentlich vor sich geht. Jetzt ergibt alles Sinn. Jana wechselt die Seiten und wird selbst zur Jägerin.

Genug gespoilert.

Cryptos ist ein wilder Mix von allem: Ein bißchen Matrix, ein bißchen Jurassic Park, Jane Austen Romantik, Dracula … – Alles ist möglich. Ob Dämonen, Elfen, Mittelalterturniere, Dinos … all das, was wir in unserer Zeit an Filmen, Serien und Computerspielen konsumieren, liefert Vorbilder für die virtuellen Weltendesigner der Zukunft. Und so kann Ursula Poznanski auf eine Fülle bekannter Ideen und Bilde zurückgreifen und macht daraus etwas Neues.

Darin ähnelt sie den Designern der virtuellen Welten aus ihrem Buch. Ursula Poznanski ist auch eine Kreatorin. Sie ist eine Meisterin darin, Geschichten und die passenden Kulissen zu erschaffen. Und ich bin mir sicher, genau wie ihre Hauptfigur Jana erfreut sich auch Ursula Poznanski daran, wenn andere in ihre Romanwelten abtauchen und sich von ihr in den Bann ziehen lassen. –

Was ist Cryptos?

Cryptos ist ein dystopischer Zukunftsroman. Ein Klimathriller. Ist Abenteuer und Fantasy – und doch gar nicht so abwägig, sondern liefert ein vorstellbares Zukunftsszenario, oder? Mir läuft auf jeden Fall ein Schauer über den Rücken bei dem Gedanken, dass Menschen der Zukunft sich vielleicht in virtuelle Welten flüchten, um dem Elend zu entkommen …

Während die Mächtigen alles daran setzen, ihre Stellung zu verteidigen und ihre Zukunft zu sichern, werden die Schwachen wie Schafe zur Schlachtbank geführt. Darwin. Auslese der Starken. Survival of the fittest. Ursula Poznanski denkt das weiter, greift die Probleme unserer Zeit auf und führt sie konsequent voran, was den Untergang für uns und diese Welt bedeuten könnte.

Eins jedoch bietet sie nicht: Eine Lösung. Wie soll die Menscheit die Krise bewältigen? Das bleibt offen. Alternative Vorschläge gibt es nicht. Aber genau an diesem Punkt kommen wohl wir ins Spiel … und zwar ganz real im Hier und Jetzt.

Ursula Poznanski: Cryptos, Loewe-Verlag

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