Der neue Frank Schätzing schoss wie eine Rakete an die Spitze der Bestsellerliste. Ich kaufte das Buch in der Hoffnung, dass die Story mich genauso faszinieren möge wie Der Schwarm.
Gleich vorweg: Die Tyrannei des Schmetterlings gefällt mir von der Idee sehr gut – Künstliche Intelligenz ist ein beherrschendes Thema unserer Zeit. Und die erste Wendung auf Seite 174 (zum Glück!), mit der ich wirklich nicht gerechnet hatte, hat dazu beigetragen, dass ich die rund 750 Seiten in einem Rutsch zu Ende gelesen habe (gutes Zeichen, oder?). Allerdings verlasse ich auch einen Kinosaal nicht, bis ich das Ende gesehen habe, egal, ob der Film dazwischen Längen hat…
Worum geht`s?
Undersheriff Luther Opoku wird an eine Unfallstelle gerufen. Der Körper einer jungen Frau hat sich in den Ästen eines Baumes verfangen, der offenbar ihren Sturz in eine Schlucht verhinderte, aber zugleich ihrem Leben ein Ende bereitete. Vor wem oder vor was war die Frau auf der Flucht? Im Zuge der Ermittlungen stößt Luther auf eine Firma, deren Hauptsitz im Silicon Valley liegt, und die auf einer „Farm“ in der Sierra Nevada eine unterirdische Forschungsstation unterhält. Luther erfährt, dass die Tote namens Pilar Guzman eine Top-Programmiererin war, die am Abend zuvor von der Farm flüchtete und etwas bei sich hatte, das offenbar nicht in falsche Hände geraten sollte: einen Stick mit Bildern, die zeigen, wie etwas unter schwerem Waffengeleit verladen wird. War Pilar einer Verschwörung auf der Spur? Als Luther sich vor Ort ein Bild macht, gerät sein Leben völlig aus den Fugen. Er macht Bekanntschaft mit einer künstlichen Superintelligenz und wird in eine Parallelwelt geworfen, in der es einen weiteren Luther Opoku gibt. Wem kann er hier vertrauen? Und: Wie kommt er zurück?
Die ganze Zeit über lief in meinem Kopf ein Hollywood-Blockbuster. Etwas Stargate, etwas Ex Machina, Time Machine, Coherence und andere Sci-Fi-Thriller. Ein Tor (etwas zu viel Stargate gesehen?!), mit dem man in fremde Parallelwelten reisen kann. Wie? Na, das weiß nur die Superintelligenz… Ich hätte es mir gerade an dieser Stelle origineller gewünscht, wo sich Schätzing doch sprachlich sehr bemüht, originell zu sein und gewaltige Bilder entstehen lässt – leider etwas over the top – gleich der Einstieg zeigt, was ich meine:
„Afrika. Die durchweichte Zeit. Von April bis Oktober verflüssigt sich die Luft. Wie schwarzblaue Planeten hängen die Regenfronten dann über den Bergen und treiben Richtung Savanne, belebt von geheimnisvollem Leuchten. Windgeister fegen durch einen postatomar gelben Himmel, Vorboten der baldigen Flut. Die Wasserplaneten rücken träge nach, verschlucken Horizonte und Blicke, saugen den Tag in sich auf, bis sie zu einem einzigen, alles umschließenden Schwarz verschmolzen sind.“
Als kurzweilige Kinoleinwandunterhaltung kann ich mir eine Verfilmung des Stoffs in 120 Minuten gut vorstellen. Leider lassen sich die Deutungen, Erkenntnisse oder Gedankenanregungen auf wenige Seiten (oder Bilder) eindampfen…
„Mit einer Intelligenzexplosion hatten die Forscher gerechnet. Auf diese Art Singleton hatten sie sogar hingearbeitet – eine Maschine, die so ungleich klüger sein würde als jeder Mensch, dass es streng genommen keinen Grund mehr gäbe, überhaupt noch eine Entscheidung dem Menschen zu überlassen.“
… und die neuen Erkenntnisse wären noch mal welche genau jetzt?
Frank Schätzing: Die Tyrannei des Schetterlings, Kiwi-Verlag, 736 Seiten, April 2018.
Die ZEIT Rezension, die ich – zum Glück erst gelesen habe, nachdem ich das Buch beendet hatte…