Ich habe das Buch verliehen. Leider muss ich sagen, denn ich ich würde es jetzt gerne noch einmal zur Hand nehmen. Es ging alles so schnell im letzten Jahr: Erschienen. Gekauft. Gelesen. Weg. Nicht weg, weil ich es so furchtbar fand und ich es im Regal nicht in die Nähe zu Jane Austen stellen wollte (hüstel). Nein, ich habe es weggegeben, weil ich es so – ja, wie jetzt, schön ist ja etwas unpassend, toll ziemlich nichtssagend – also enorm gut geschrieben fand. Einmal angefangen konnte ich es nicht mehr weglegen. So furchtbar, so schonungslos und gleichzeitig pedantisch präzise seziert Heinz Strunk das Leben eines Serienmörders, fast als wäre er dabeigewesen und hätte am Tisch neben Honka auch FaKo gebechert (…habe ich schon erwähnt, wie toll ich den finde? Ich meine Strunk, nicht Honka, und schräg und lustig, aber das passt jetzt hier grad gar nicht!).
Heinz Strunk widmet sich einem Stück düsterer Kriminal- und Gesellschaftsgeschichte der 1970er Jahre. Es geht um das Leben und Morden des Fritz Honka. Als Dreh- und Angelpunkt der vom Leben abgehänkten Gestalten dient die Kneipe „Zum Goldenen Handschuh“ auf St. Pauli. Arme und Reiche, Kluge und Dumme, Erfolgreiche und Arbeitslose – die unterschiedlichsten Menschen mischt der Alkohol zusammen. Hier findet Honka die Frauen, die er dann zerstückelt und in seiner Wohnung verwahrt – oder ist es vielmehr so, dass sie ihn finden?
Brutal, ekelhaft, kaputt. Mit diesen Adjektiven belegen andere Leser den Roman. Ich schließe mich an. Ich empfinde abwechselnd Mitleid, Entsetzen, Scham – manchmal alles zusammen. Und trotzdem: Heinz Strunk schreibt nicht effekt- oder sensationsheischend. Er lässt Fritz Honka immer Mensch und kein Monster sein. Das entschuldigt nicht, dass er zum vierfachen Mörder wurde, weckt aber mein Mitgefühl.
Heinz Strunk hat mir eine prekäre Welt nähergebracht, die real existiert, auch wenn ich das nicht mitkriege. Vor diesem Grauen will ich die Augen nicht verschließen. Darum finde ich es ein wichtiges Buch.
Heinz Strunk: Der goldene Handschuh, Rowohlt, 256 Seiten, 26. Februar 2016; Taschenbuch im März 2017
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